Hätte ich das vorher gewusst...

Viele von uns beginnen das Designstudium mit der Ambition Designer zu werden, nur wenige wissen, was nach dem Studium auf Sie wartet.

Als ich mich mit dem Gedanken befasst habe, Industriedesign zu studieren, hatte ich vorab ein Gespräch mit einem Professor der selbst erfolgreicher Designer ist. Der erste Ratschlag von ihm war: "Wenn du mein Sohn wärst, würde ich dir empfehlen was Gescheites zu studieren."

Alle Ratschläge, die im Anschluss kamen, haben mich mein ganzes Studium begleitet und mir in meiner beruflichen Entwicklung als Industriedesigner sehr weitergeholfen. Aus diesem Grund möchte ich sie gerne an euch weitergeben in der Hoffnung, dass sie euch ebenfalls gute Dienste leisten:

Studiert Design nur, wenn ihr es wirklich wollt!
Dies mag banal klingen, aber wenn man sich überlegt, dass ca. 5 % aller Studenten einen Job bekommen und dass ca. 50 % (eigene Schätzung) das Studium nur fertig machen, weil sie es angefangen haben, sollte man sich überlegen, ob man das wirklich will. Man sollte Design auf keinen Fall aus den falschen Motiven studieren. Dazu zählen "Meine Freunde studieren das und ich fand's ganz gut", "Male gerne und dachte mir, das wär mal was", "Mir ist nix besseres eingefallen", "Find Designer cool" ...

Klar ist es "cool", Design zu studieren und evtl. in einer Agentur zu arbeiten und bei der Arbeit Musik zu hören ... aber wenn der Wille nicht da ist, wird es schwer. Viele meiner ehemaligen Kommilitonen haben keine Anstellung als Designer gefunden, einige haben sich selbstständig gemacht und ein Großteil hat nach dem Studium erst mal in der Luft gehangen.

Sammelt so viel Praxiserfahrung wie möglich
Diesen Tipp habe ich ganz am Anfang bekommen und er hat dazu geführt, dass ich viele meiner Semesterferien in Praktika investiert habe. Anfangs waren diese bei kleinen, unbekannten Agenturen. Aber mit steigender Erfahrung konnte ich bessere Plätze finden und wurde schlussendlich auch immer besser bezahlt. Zudem hilft es einem auf den Punkt zu kommen und Sachen schneller zu realisieren. Es schärft den Blick für das Wesentliche und gibt einen guten Einblick in verschiedene Agenturen und den Arbeitsalltag.
Mein Prof. meinte dazu: "Wenn die Arbeitsmarktlage nicht so beschissen wäre, würde ich dir empfehlen, nicht zu studieren sondern in der Praxis zu lernen".

Das Studium macht noch keinen Designer
Das Studium ist super, um Sachen auszuprobieren und bietet einen einmaligen kreativen Freiraum. Abhängig von der Universität verbringt man einen großen Teil seines Semesters mit Konzeption und Ideenfindung. Die Praxis verhält sich im Gegensatz dazu weniger freundlich. Zeitdruck, enge Budgets und Kundenvorstellungen zwingen die eigene Kreativität in produktive Bahnen. Dies führt dazu, dass man sich mehr mit der Produktion von 3D Modellen/Layouts, Kundenpräsentationen und Gesprächen, Produktionsabläufen ... beschäftigt als mit sonst irgendwas. Dies soll nicht heißen, dass man nicht mehr kreativ sein kann, allerdings sind die Schwerpunkte im Wirtschaftskontext anders.
Selbst wenn man sich selbstständig macht und denkt, dass man einen größeren kreativen Spielraum hat, wird man um Sachen wie Buchführung, Steuern, Rechnungsstellung ... nicht herumkommen.
All diese Fähigkeiten, die man im Designeralltag braucht, lernt man meist nicht im Studium und so gehen die ersten 2 Jahre damit drauf, sich diese anzueignen.

Netzwerke sind wichtig
Man hört es immer wieder und man kann es nicht oft genug sagen. Die Designcommunity ist klein und meist kennen sich die Leute aus den verschiedenen Agenturen in einer Stadt oder in einem Land untereinander. Dies liegt nicht nur an der Größe sondern auch daran, dass die vielen Designer bereits in mehreren Agenturen gearbeitet haben. Wer von euch einmal im Münchner oder Hamburger Raum Praktikum macht, wird erleben, wovon ich hier spreche.
Um so wichtiger ist es, Qualität zu liefern, fair zu spielen und einen guten Eindruck zu hinterlassen. Es geht hier nicht um Netzwerken des Netzwerkens willen sondern schlicht und ergreifend um den Aufbau eines eigenen Profils mit einer gewissen (hoffentlich positiven) Reputation.

Hier durfte ich selbst einige Erfahrungen sammeln. Als ich mich für ein Praktikum in München beworben habe, hat der dortige Designchef Informationen bei einer Agentur in Holland eingeholt, bei der ich ebenfalls ein Praktikum gemacht hatte. Zufällig kannten die beiden Chefs sich, da sie vorher bei einer anderen Agentur zusammen gearbeitet hatten... die Designwelt ist sehr klein!

Studiere für DICH
Die meisten von euch werden oder sind bereits motiviert ins Studium gestartet. Arbeitet man anfangs noch für sich selbst, getrieben von eigenem Enthusiasmus, so ändert sich dies schnell während des Studiums. Dabei findet man sich immer häufiger in der Rolle des Gestalters für den Professor und die Note, was zu garantiertem Motivationsverlust führt.
Um dem entgegenzuwirken ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass man das Studium für sich macht! Es ist eine einmalige Möglichkeit, sich selbst auszuprobieren und den eigenen Weg zu finden – nutze sie!

Jeder Entwurf ist eine Möglichkeit, die eigene Zukunft zu gestalten
Entwurfsarbeiten im Studium sind eine großartige Gelegenheit sich auszuprobieren und den eigenen Interessen zu folgen. Oftmals wird diese Chance vertan und man macht etwas nur, damit man was zum Vorzeigen hat. Dabei vergisst man oftmals, dass es nicht nur darum geht, zu produzierten sondern zu lernen und dies zu kommunizieren.
Es gibt nichts schlimmeres als am Ende des Studiums dazustehen und nichts außer dem Abschlusszeugnis in der Hand zu haben. Wenn man als Designer arbeiten will, hat das Abschlusszeugnis als solches wenig Wert. Alles was zählt, ist das, was ihr euch erarbeitet habt und was in eurem Portfolio zu sehen ist.
Potentielle Arbeitgeber werden euch nicht für das einstellen, was ihr wollt, sondern nur für das, was ihr könnt!

 

Comments

Nur 5% aller Studenten bekommen einen Job?

Hi Cream, die 5% beziehen sich auf meine eigene Erfahrung (wie geschrieben) und beziehen sich direkt auf die Zeit nach dem Studium und auf eine Festanstellung (kein Praktikant oder Freelancer). Insofern danke ich dir für deine Nachfrage. In den Jahren danach finden durchaus mehrere Leute einen Job, allerdings ist der Weg lang und mühselig. Ein Prof. an einer Hochschule meinte mal zu mir 3%. Aber wie dem auch sei, ich glaube das die Zahl egal ob 5, 10 oder 20% recht gering ist im Vergleich zu manch anderen Studiengängen.

- Studiere für DICH - Das kann ich uneingeschränkt unterschreiben. Bei mir ist das Studium ebenfalls schon etwas her und ich erinnere mich gut an die oben beschrieben Probleme. Dann und wann trifft man während des Studiums auf Professoren und Lehrende, die es besonders "realistisch" machen wollen und einem "wie im echten Job" sehr strenge Vorgaben und sehr detaillierte Korrekturen an den Studienprojekten aufdrücken. Das ist meistens noch nicht mal böse gemeint, aber genau solche Situation wird man hinterher noch häufig genug im tatsächlichen Job erleben – dafür muss man das Studium nicht opfern.

Wo wir gerade schon beim Thema sind: Praxisnähe im Studium ist gar nicht so gut, wie es sich zunächst anhört.

Man sollte sich vom Gedanken trennen, dass man das Studium als fertiger Designer abschließt und es danach voll drauf hat. Ist nämlich nicht so. Im Studium bekommt man das nötige Handwerkszeug um gute Konzepte zu erarbeiten: Stilsicherheit, analytisches Denken, gestalterisches Theoriewissen – nur um mal drei Beispiele zu nennen.
Wichtige Skills aber, wie Wirtschaftlichkeit, ergebnisorientiertes Arbeiten oder Verhandlungsgeschick sammelt man erst nach und nach mit wachsender Berufserfahrung. Diese Praxisorientierung kann man leider ein bisschen als Mogelpackung bezeichnen, weil ziemlich viel aus der echten Praxis fehlt.

Fazit:
Im Bachelor-Studium kann ich es noch verstehen, wenn man sich von den Profs in jeden Scheiß reinquatschen lässt. Man ist unerfahren und die Studienpläne sind meistens viel zu umfangreich um entspannt zu arbeiten.
Spätestens im Master-Studium ist dann aber Ego-Trip angesagt! Natürlich darf man sich nicht gegen konstruktive Kritik sperren, aber man sollte sein eigenes Ding durchziehen. Und wenn's dafür schlechte Noten gibt, dann ist das eben so.

Hallo Joker

Du hast schon wesentliche Punkte genannt.
Auch das man seine gestalterische Persönlichkeit entwickeln sollte und dabei eher
seinen eigenen Weg finden und nicht den des Professors gehen sollte.

Das fängt schon damit an, was man selber unter Design versteht und ob man Design
mit Kunst verwechselt und z.B. die kunstorientierte Haltung seines Profs unreflektiert
übernimmt.

Wer künstlerisch/gestalterisch ausbilden will, kann sich offensichtlich nicht entscheiden,
ob es eher in Richtung Kunst oder Design gehen soll.
Kreativität ist aber kein künstlerisches, sondern ein rein menschliches Phänomen. Weshalb
es auch nicht erforderlich ist, erst künstlerisch ausgebildet zu werden, um dann Design
machen zu können.

Vom berühmten Typografen und Designer, Kurt Weidemann, stammt folgendes Zitat:
"Der Künstler macht was er will
der Designer will was er macht"

Kaufentscheidungen werden in der Regel nur durch zwei Einflussgrößen bestimmt:
Preis und
Design

Ein Produkt oder eine Dienstleistung, kann ohne Design kaum mehr erfolgreich sein.

Die Tätigkeit des Designers geht eindeutig weg vom Produkt und hin zum Prozess.
Weshalb es wichtig ist, nicht nur zu lernen, wie man etwas formal gestaltet, sondern
wie man Nutzungskonzepte entwickelt und Prozesse, z.B. für Dienstleistungen gestaltet.
Hier wäre das Service Design zu nennen. Wohl das wichtigste Thema im Design der Zukunft,
das aber nur an zwei Hochschulen gelehrt wird. An der KISD in Köln http://www.kisd.de und am
Mediendesign-Studiengang der Hochschule Hof http://thinking.designismakingsense.de

Der Philosoph Peter Sloterdijk spricht in diesem Zusammenhang von dem
"Designer = Zeug zur Macht - Macht über unübersichtliche Verhältnisse“

Im Bereich Service Design gibt es viel zu tun, viele Jobs und viele Aufträge.
Den Designern muss aber noch klar werden, dass sie ihre Leistungen und ihr Talent nicht
zu preiswert anbieten sollten. Zwar versteht sich ein Designer nicht unbedingt als
Unternehmensberater, aber durchaus als beratendes Unternehmen. Somit sollte er
auch die Tagessätze nehmen, die sonst Unternehmensberater nehmen. Nur mit dem
Unterschied, dass ein Unternehmensberater bisweilen nur warme Worte und eine
Powerpoint-Datei hinterlässt und der Designer zusätzlich zur Beratung auch das
fertige Produkt gleich mitliefert.

Wichtig ist auch die passende Wahl aus den unterschiedlichen Designausrichtungen.

Infos über die Unterschiede von Grafik-, Kommunikations- und Mediendesign
findest Du im Forum.

Infos über die Zukunft als Designer und über den Zusammenhang von Design und Wirtschaft:
http://www.designismakingsense.de/knowledge/design-business

Vortrag zum Thema "Zukunftsberuf Designer":
http://www.scribd.com/doc/43932025/Zukunftsberuf-Designer-Torsten-Stapelkamp

Hi Mediendesign,

danke für deinen Beitrag. Was den Unterschied zwischen den Designstudiengängen angeht, so bin ich mir dieser durchaus bewusst (zumal ich beides studiert habe und seit ca. 10 Jahren die Plattform mit betreibe ;) ). Allerdings finde ich deine Anmerkung was service design angeht auf jeden Fall wichtig.

Was den Bereich Service Design als solches angeht, so finde ich es super das du ihn ansprichst. Ich glaube auch das es dort theoretisch viel zu tun gibt, allerdings bin ich mir, was die Marktentwicklung angeht noch etwas unsicher. Die Anzahl der Agenturen ist noch nicht so groß und als frisch diplomierter Designer in diesen Bereich einzusteigen ist sicherlich auch kein Zuckerschlecken. Trotz Allem sehe ich da, wie du, Potential :)

Was den Punkt angeht das der Designer "fertige Produkt gleich mitliefert", so würde sagen das es in der Theorie so ist, jedoch in der unternehmerischen Praxis noch einmal anders aussieht. Klar ist man mit einem Service näher an der Umsetzung, jedoch verlangen diese auch nach Investitionen in neue Strukturen, Schulungen ... Die nötigen Investitionen vom Unternehmen sind meiner Ansicht nach oftmals der Hauptgrund für ein Ausbleiben einer Implementierung, selbst im Servicebereich (ein befreundete Agentur kann davon ein Lied singen). Aber, genug zu dem Thema. Es geht ja in diesem Beitrag in erster Linie um Sachen die einem bei der Studienwahl helfen sollen. Insofern, noch einmal Danke für die Links und deinen Beitrag!

Hallo Joker

Gern geschehen ;-)

Du hast natürlich recht, dass es für junge Designer schwierig ist,
gleich nach dem Studium als Service Designer und somit als
umfassend beratender Designer ernst genommen zu werden.
Dieses Problem hat aber jeder Designer in jeder Designrichtung.
Zudem wird ohnehin nicht jeder Designer das Talent und das
Interesse haben als Service Designer tätig zu werden.

Erfahrungen muss man grundsätzlich erst sammeln und die
bekommt man durch die Praxis. Da lohnt es sich als Junior
Service Designer oder als Junior Art Director mit Service Design
Projekten zu starten.

Das es Unternehmen gibt, die Beratung scheuen und dafür nicht
investieren wollen trifft zu. Aber die werden gegenüber der
Konkurrenz, die weniger beratungsresistent ist, auf Dauer ihr
Nachsehen haben.
Es ist und bleibt hart, sich als Designer zu behaupten. Um so
wichtiger ist es, nicht nur im "hübsch machen" oder zum
Idealisten oder Utopisten ausgebildet zu werden, sondern
zu einem Designer. Wer nicht kommunizieren und nicht
beraten kann, macht eben nur den gestalterischen Part.
Das kann auch sehr befriedigend sein und auch von diesen
Gestaltern werden viele gebraucht. Sie sollten aber zumindest
verstehen, was im Service Design bzw. mit den Methodiken und
den Beratungseigenschaften des Service Design möglich und
beabsichtigt ist.

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